Frage: Essstörung während Schwangerschaft

Lieber Herr Prof. Dr. Costa, vielleicht passt meine Frage nicht ganz hier rein, ich weiss aber absolut nicht mehr, an wen ich mich wenden kann. Habe meine Frauenärztin angesprochen, und sie hat mir eine Mutter-Kind-Psychiatrie-Ambulanz empfohlen, dort haben sie allerdings erst in über einem Monat einen Termin für mich... Mein Problem ist ziemlich akut, auch wenn es schon seit langem besteht. Schon während meiner ersten Schwangerschaft habe ich mich ab dem 4. Monat täglich übergeben, und in den letzten 2 Monaten nach jeder Mahlzeit. Meine Tochter kam trotzdem heilgesund und proper zur Welt. In der Stillzeit ging es weiter so. Ich habe in der 1. Schwangerschaft 7 kg zugenommen und danach gleich 10 verloren. BMI von 17. In meine 2. Schwangerschaft bin ich mit BMI 17,5 gestartet, inzwischen habe ich zwar schon so 3 kg zugenommen (bin jetzt 23. Woche) aber ich komme damit einfach wieder gar nicht klar und übergebe mich nach jeder Mahlzeit. Ich mache mir grosse Sorgen, dass meine bald 2-jährige Tochter (ich lebe alleine mit ihr) das mitbekommt, und mein 2. Kind Schaden davonträgt, aber einfach sein lassen, den Kindern zu Liebe, schaffe ich nicht... auch wenn ich meine Kinder wirklich liebe. Meine Situation ist zur Zeit extrem schwierig. Habe mich zu Beginn der Schwangerschaft von meinem Mann getrennt und bin aus dem Ausland zurück in Deutschland, nun werde ich von meinen Eltern stark bevormundet. Glücklicherweise konnten wir nach 2 Monaten in eine eigene Wohnung ziehen. Ich bin wirklich verzweifelt, weiss aber nicht, wer mir irgendwie helfen könnte. Gibt es vielleicht online-Beratungen oder Hilfe? Danke fürs Lesen und vielleicht ja für einen Rat. Xinghu

von xinghu am 22.03.2016, 13:42



Antwort auf: Essstörung während Schwangerschaft

Bitte erlauben Sie mir, meine Antwort etwas einfach und schematisch zu gestalten, weil dieses Forum und die doch ziemlich anonyme Art der Kommunikation etwas anderes gar nicht so richtig erlaubt. Ihren Ausführungen entnehme ich drei Aspekte. 1. Das anhaltende Erbrechen. 2. Die große psychologische Belastung, weil Sie alleine mit Kind und Schwangerschaft sind. 3. Die Beziehung zu den Eltern. zu 1. Sie beschreiben, dass dieses Problem auch in der ersten Schwangerschaft ab der 34. Schwangerschaftswoche bestand. Ich nehme an, dass Ihre persönliche Situation in der ersten Schwangerschaft anders war, das heisst dass die psychische Belastung nicht so groß war, wie jetzt. In solchen Fällen muss man eine organische Ursache unbedingt ausschließen, also dass das Erbrechen bzw. eine Nahrungsmittel - Unverträglichkeit durch eine Erkrankung der Speiseröhre oder des Magens bedingt ist. Das kann am besten ein Magen-Darm-Spezialist (Gastroenterologe) herausfinden. Lassen Sie sich also unbedingt von einem solchen Spezialisten untersuchen. zu 2. Wenn die psychische Belastung so groß ist, kann man das nicht alleine tragen und man braucht professionelle Hilfe. Am besten ist es, diese Hilfe bei einem Psychologen oder einem Psychiater zu suchen. Sprechen Sie noch einmal mit Ihrer Frauenärztin oder Ihrem Hausarzt und bitten Sie diese, Ihnen bei der Suche eines Psychologen zu helfen - es ist nicht ganz einfach, den richtigen Behandler zu finden. zu 3. Ihre Eltern kann ich schon verstehen, weil sie sich wahrscheinlich große Sorgen machen. Das, was Sie als "Bevormundung" beschreiben, könnte man auch mit "Liebe und Sorge" umschreiben. Alle Eltern sind so, wenn man ehrlich ist, Ihre Eltern sind also keine Ausnahme. Aber auch die besten Absichten der Eltern kommen bei den Kindern (das Kind sind Sie...) nie so an, wie das gemeint ist.... So ist unsere Welt, so sind wir alle... Auch wenn ich Ihre Situation nicht persönlich kenne, meine ich, dass Sie einen Weg finden müssen, mit Ihren Eltern zurecht zu kommen. Vielleicht lassen Sie sie Ihnen helfen ? Gerade wenn Sie Arzttermine oder anderes zu tun haben, könnten sich die Eltern um Ihre kleine Tochter kümmern - Großeltern finden das sowieso toll, sich um die Enkel zu kümmern. Das würde Sie entlasten und Sie hätten auch mal Zeit für sich, was Sie ganz sicher brauchen. Der wichtigste Punkt ist aber, die Ursache für das Erbrechen heraus zu finden, und zwar so rasch wie möglich. Dafür müssten Sie vielleicht stationär, in einem großen Krankenhaus behandelt werden, in dem sowohl eine spezielle geburtshilfliche Klinik (Perinatalzentrum) als auch eine Gastroenterologie vorhanden sind. Durch das Erbrechen kommt Ihr ganzer Stoffwechsel durcheinander und das kann sowohl für Sie als auch für das ungeborene Kind gefährlich werden. Dort dürften auch Psychologen vorhanden sein, die eine Betreuung einleiten. Mein Rat ist also, dass Sie sich zuallererst stationär, in einer großen Klinik behandeln lassen. Bin sicher, dass Ihre Frauenärztin genau weiß, wo das am besten zu finden ist und Sie dorthin einweisen kann.

von Prof. Dr. med. Serban-Dan Costa am 25.03.2016