Nochmal: Sohn kommt verbal nicht weiter bei anderen Kindern

Dr. med. Rüdiger Posth Frage an Dr. med. Rüdiger Posth Facharzt für Kinderheilkunde, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut

Frage: Nochmal: Sohn kommt verbal nicht weiter bei anderen Kindern

Hallo Dr. Posth, habe vorletzte Woche geschrieben: http://www.rund-ums-baby.de/entwicklung/Sohn-kommt-verbal-nicht-weiter-bei-anderen-Kindern_53530.htm Danke für Ihre Antwort! Wir werden das Gespräch mit unserem Sohn suchen, damit er sich sprachlich und thematisch den anderen Kindern anpasst. Das würde ihm sicher helfen, die Kontakte zu festigen. Trotzdem kann ich aus Ihrer Antwort keine Hilfe zur Durchsetzungsfähigkeit ableiten. Wie kann sich unser Sohn besser durchsetzen? (Habe u.a. Ihr Buch "Gewaltfrei durch Erziehung") Soll ich ihm sagen: „3 Mal deutlich sagen, dann darfst Du kneifen/hauen.“ oder „Da musst Du durch, gehauen wird nicht.“ ? Manche anderen Kinder verstehen scheinbar nur körperlich starkes Auftreten. Soll ich zulassen, dass sein Selbstbewusstsein immer mehr Minuspunkte sammelt, damit er weiterhin gewaltfrei denkt oder zulassen, dass er „kontrolliert“ Gewalt anwendet, wenn nichts anderes mehr geht? Letzteres widerspricht ja dem Ideal. Viele Grüße!

von neo80 am 23.06.2014, 09:19



Antwort auf: Nochmal: Sohn kommt verbal nicht weiter bei anderen Kindern

Hallo, Durchsetzungsfähigkeit kann man nicht anerziehen. Und das auch schon gar nicht durch eine wie auch immer abgeschwächten Aufruf zur Gegengewalt. Konflikte, das muss ein Kind frühzeitig lernen, dürfen nur durch eine verbale Auseinandersetzung glöst werden. Also mit Verhandlungen, Kompromissen und Bedingungen. Die Tatsache, dass dieses Prinzip von anderen Kindern missachtet wird, rechtfertigt nicht die Antowrt mit gleichen Mitteln. Denn dadurch entsteht immer eine Spirale von Aggression und Gewalt. Und wenn das einmal akzeptiert ist, dann wird es auch immer angewendet. Nun gibt es aber auch viele Kinder, die sind für diese Form der Auseinandersetzung gar nicht geschaffen. Sind sind einerseits zu ängstlich, andererseits aber auch zu vorsichtig, weil sie -häufig mit Recht- befürchten, dass das andere Kind stärker ist, aber vor allem auch hemmungsloser. Und dann ziehen sie den Kürzeren und haben nichts erreicht. Das hat etwas mit der Persönlichkeitsentwicklung zu tun, aber auch mit der Einstellung zum Sozialverhalten überhaupt. Bindungserfahrungen spielen da eine Rolle und Vorbilder (in der Regel schlechte), aber auch gemachte Erfahrungen und Grundeinstellungen. Zusammengefasst heißt das, ein jedes Kind muss -manchmal etwas leidvoll- lernen, wie es sich selbst am besten in der Gruppe und der Gemeinschaft durchsetzt. Die Methode muss zum Charakter und den Persönlichkeitszügen passen. Dabei spielen Sprache eine große Rolle, persönlicher Auftritt, Mimik und Gestik, Reaktionsfähigkeit, Selbstdarstellung und vieles mehr. Dieses Repertoire erwirbt man sich in der gesamten Kindheit und Jugend und im Erwachsenealter varriert man es immer weiter aufgrund gemachter, neuer Erfahrungen. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 27.06.2014