Rund um die Erziehung

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Geschrieben von sileick am 21.12.2014, 20:56 Uhr

@sternchen

Mir geht das mit dem "liebevoll festhalten" nicht aus dem Kopf, und ich hab mich gefragt, was mich daran eigentlich so stört. Ich denke, es ist ein Widerspruch in sich: Festhalten ist schon ein ziemlich autoritärer, dominanter Akt. Wie soll das liebevoll gehen? Ich sehe auch eine nicht zu überwindende Widersprüchlichkeit im Signal an das Kind: Man hält ein zappelndes Kind fest, muss damit also doch schon Gewalt anwenden, zugleich erzählt man ihm, wie lieb man es hat. Genau wie Du das beschrieben hast als ungutes Gefühl dabei, so mies würde ich mich damit fühlen. Es wäre nicht meins.

Diese Maßnahme geht für mich ausschließlich, wenn es um Vermeidung von Gefahren geht. Da ist es keine Frage. Aber hier? Da würde ich erst einmal sämtliche andere Register ziehen. Vielleicht ist ja von dem, was alles geschrieben haben, was für Euch dabei.

Und wenn es denn sein muss, würde ich doch eher kommentarlos festhalten, also ihm sagen, dass es jetzt sein muss, weil er mal zur Ruhe kommen muss, aber ich würde ihm nicht ständig sagen, dass ich ihn lieb habe. Das ist einfach extrem irritierend. Wie eine Entschuldigung fürs Festhalten. Entweder halte ich fest. Dann gibt es einen klaren Grund, dann ist es so und muss so sein, nicht, weil Du ihm böse bist, sondern weil Du z.B. eine Wohnung ohne Chaos haben möchtest, und dafür braucht es keine Entschuldigungen. Auf diese Weise mag das, wenns mal sehr extrem ist oder Du evtl. auch Angst um Dinge oder Deine Tochter hast, mal in Ordnung sein.

Ein bisschen erinnert mich das daran, wenn ich mal eine neue, vorher schlecht geführte Klasse übernahm. Am Anfang Chaos an allen Ecken und Enden, und es kostet ungemein Überwindung und Geduld, über so manche Dinge erst einmal hinwegzusehen, weil man nicht auf allen Fronten gleichzeitig kämpfen kann. Und dann Stück für Stück eine neue Lebensphilosophie in der Klasse aufzubauen, mit bestimmten klaren Routinen und Abläufen, die Ruhe reinbringen, weil die Kinder wissen, was sie erwartet, mit bestimmten wenigen Regeln, bei denen man sich vorher gut überlegen muss, ob sie einhaltbar sind oder ob man dann hinter den eigenen Regeln hoffnungslos verloren herläuft. Mit einzelnen ruhigen Gesprächen 1:1 ohne Publikum mit bestimmten Schülern, und gar nicht mal immer den problematischen, mit bestimmten Eckdaten, die eingeführt werden, auch räumlichen Verbesserungen, Aufgaben, die den Kindern Verantwortung geben, so, wie sie es eben bewältigen können und ihnen Auftrieb gibt usw. Es gehört einfach mehr als bloße "Erziehung" nach Regelwerk und Durchsetzen dazu, vor allem, wenn man es mit energiegeladenen jungen Menschen zu tun hat.

Ein wichtiger Fehler, der einem dabei immer wieder unterläuft, ist, "alles Mögliche zu versuchen". Man muss bei einer Sache bleiben, damit diese vertraut bleibt. Denn Vertrauen und Vertrautes schafft auch innere Ruhe. Davon hat Dein Sohn ja ein bisschen wenig. Sicher ist das eine Charakterfrage, aber gerade solche Menschen brauchen viel Gleichförmigkeit, damit sie sich orientieren können und nicht verrückt werden, so, wie Du es erlebst.

Was mich dabei immer wieder beruhigt hat, in der Anfangszeit, war, dass es nichts ausmacht, wenn man nicht gleich überall perfekt seine Maßgaben einfordern kann. Wichtig ist, sie im Kopf zu haben, sie selbst zu leben und sie zu erwarten. Wenn dann die Rahmenbedingungen auf o.g. Weise nach und nach geändert werden, wird es besser und einfacher.

Will sagen, es ist nicht schlimm, wenn Du es mal nicht schaffst, Dich durchzusetzen. Wichtig ist, dass es auf dem Weg ist und allmählich an verschiedenen Stellen Erfolge entstehen.

Ich wünsch Dir Kraft, Geduld und einen klaren Blick für das, was Dir (und Deinem Mann) wichtig ist!

LG Sileick

 
4 Antworten:

Re: @sternchen

Antwort von mf4 am 22.12.2014, 15:38 Uhr

Das geht...
eines meiner Kinder hatte Phasen, ziemlich laaaaaaaaaaaaaangeeeeeeeeee Phasen... in dem es alles und jeden abwehrte, wenn die Stimmung mies war.
Ich habe aber immer gespürt, dass die Stimmung so mies war, weil es mit sich grad gar nicht klar kam.
Ich habe es dann auch in den Arm genommen, gestreichelt, beruhigt usw. Zu Beginn wurde das heftigst abgewehrt aber man spürte, dass der Widerstand immer mehr abnahm und es überging in ein Kuscheln.
Wenn das Kind sich dann wirklich beruhigt hatte sah man die Erleichterung.
Es tickte grundlos aus, ich wollte ihm aber zeigen, dass ich das aushalte, es dennoch liebe.

Diese Ausnahmesituationen kenne ich von 3 meiner 4 Kinder nicht. Erst stand ich völlig rat- und hilflos da. Hätte ich nichts gemacht wäre mein Kind zwar irgendwann zur Ruhe gekommen aber das fand abgeschottet statt, es schämte sich quasi irgendwann, dass es so war und es verkroch sich teilweise sogar unter dem Bett... für mich war es schlimm mein Kind so zu sehen.

Diese lange Phase ist vorbei und für uns war der Weg richtig. Nichts zu machen hätte bedeutet jeden Abend ewig Geschrei zu haben, ich stehe hilflos da und das andere Kind mittendrin. An Zubettbringen wäre nicht zu denken gewesen und einen tag so abzuschließen kam für mich nicht in Frage.

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Vielen Dank

Antwort von sternchen1410 am 22.12.2014, 21:56 Uhr

Hallo
danke dass ihr euch soiel zeit nehmt und mir soviel Rückmeldung gebt. Wir haben das mit dem festhalten jetzt 2 x gemacht. Und seitdem ist er positiv anders. Vielleicht ist es auch nur Zufall. Und er ist kuschelbedürftiger.
Was mir jetzt noch sorgen macht, ist dass er im Kiga lt. der Erzieherinnen oft ignoriert wenn er etwas gesagt bekommt. Auch wenn es verschönt wird mit der Aussage dasalle 3 jährigen so sind. Ich habe einfach angst den Zug zu verpassen

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Re: Vielen Dank

Antwort von Biene88 am 22.12.2014, 22:15 Uhr

Wenn das bei euch klappt und ihr euch damit wohl fühlt, ist das schön.
Aber hast du auch die anderen Sachen für dich aufgenommen, die alle geschrieben haben? Denn ich denke nur durch das Beseitigen der Folgeerscheinung (also das Geschrei und Getobe) werden die Probleme nicht gelöst.
Alles Gute

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Re: Vielen Dank

Antwort von sileick am 22.12.2014, 22:32 Uhr

Hallo sternchen,
schön, dass Du geantwortet hast und prima, wenn die Methode für Euch alle funktioniert und die Situationen dadurch entspannt werden. Ein ruhiges, geerdetes Kind (siehe Rhythmen etc.) wird dann auch viel aufnahmebereiter sein, wenn ihm was gesagt wird. Wenn Ihr an dieser Stelle weiterarbeitet, werden sich viele Dinge daraus positiv ergeben.

Lesenswerte Lektüre:
Jesper Juul: "Dein kompetentes Kind" (eigentlich alle Bücher sind lesenswert)

und

"Liebe und Eigenständigkeit: Die Kunst bedingungsloser Elternschaft, jenseits von Belohnung und Bestrafung" von Alfie Kohn und Cordula Kolarik

kann ich sehr empfehlen.

Meistens halten unsere Kinder uns mit ihrem Verhalten einen Spiegel vor, und wir können die Chance nutzen und was lernen. Meine Tochter z.B. wird quengelig und unleidlich, wenn wir sie haben zu lange aushalten lassen (tagsüber zu lange drinnen geblieben, Schlaf zu lange herausgezogen etc., Geduld bei Treffen mit Bekannten zu sehr überstrapaziert usw.). Es gibt einfach eine gewisse Leistungsfähigkeit des Kindes, die man nicht überfordern sollte. Wenn man das als Eltern berücksichtigt, dann wird schon vieles einfacher.

Viel Erfolg! Schöne Weihnachten und ein wunderbares Jahr 2015 mit den beiden Kindern!

VG Sileick

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