Liebe Frau Ubbens, ich möchte Sie in Sachen Krippeneingewöhnung um Ihre Einschätzung bitten. Zum Hintergrund: Mein Sohn ist knapp 13 Monate alt und war schon früh sehr neugierig und kontaktfreudig. Seit 3 Wochen besucht er nun eine Krippe, die zunächst einen sehr guten Eindruck machte. Die Eingewöhnung verläuft nach dem Berliner Modell. Da mein Sohn wie gesagt sehr kontaktfreudig ist, krabbelte er schon sehr bald von mir weg, auch zu seiner Bezugserzieherin hatte er prompt einen guten Draht und ließ sich von ihr sehr gern auf den Arm nehmen etc. Nach anderthalb Wochen verließ ich die Einrichtung täglich für ca. 45min. Dann war plötzlich alles anders – als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Mein Sohn klammert, entfernt sich fast gar nicht mehr von mir, sucht nicht mehr die Nähe „seiner“ Erzieherin oder der anderen Kinder und weint heftig und verzweifelt, sobald ich gehen will. Nicht nur in der KiTa, sondern auch überall sonst außer zu Hause. Er ist völlig verändert. Zwei Trennungsversuche scheiterten, und seitdem sitze ich wieder die ganze Zeit bei ihm. Er sucht ständig meinen Körperkontakt und lächelt die anderen höchstens noch schüchtern an. Das wäre mir ein einziges Rätsel gewesen, hätte ich nicht vor ein paar Tagen Folgendes beobachtet: Ein anderes Eingewöhnungskind (ebenfalls ca. 1 Jahr, ebenfalls seit ca. 3 Wochen in der KiTa) wird inzwischen von seiner Mutter 1h lang allein gelassen. Kürzlich habe ich mitbekommen, wie es eine geschlagene Dreiviertelstunde praktisch nur geschrien hat. Es ließ sich weder trösten noch ablenken. Die Mutter wurde nicht gerufen. Ich habe gehört, wie die Erzieherinnen das Kind als „starrköpfig“ und „zickig“ bezeichneten. Meinem Eindruck nach wurde die Mutter nicht hinzugerufen, um dem Kind zu zeigen, wer „der Herr im Haus“ ist. Seitdem habe ich den Verdacht, dass mit meinem Sohn vielleicht Ähnliches passiert sein könnte und dass das zu seiner starken Trennungsangst geführt haben könnte. Anders formuliert: Ich habe ein unbefangenes, lebhaftes, pflegeleichtes Kind in die Krippe gebracht und keine zwei Wochen später ein klammerndes, verschüchtertes, ängstliches Kind wieder mitgenommen! Das macht mich ungeheuer traurig und wütend, und ich fühle mich schuldig! Weil ich weiß, dass mein Sohn unter günstigen Bedingungen glücklich mit den anderen Kindern wäre, möchte ich die Eingewöhnung noch nicht für gescheitert erklären. Mein Gefühl (und was ich von den Ausführungen von Herrn Posth verstanden habe) sagt mir jedoch, dass ich noch mal ziemlich lange mit ihm dort anwesend sein sollte, bis seine Neugier und Spielfreude die Trennungsangst wieder überwiegen. Was ist Ihre Einschätzung der Lage? Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort!
von sommer2020 am 25.07.2016, 13:05