Hallo Herr Dr.Posth!Was kann man von einem 19 Monate alten Kind erwarten und wie soll ich reagieren, wenn meine Tochter kein Lätzchen tragen will? Wenn sie sich nicht die Zähne putzen lassen will? Wenn sie mit den Händen, statt mit Besteck isst? Wenn Sie den nur den Belag vom Brot isst? Wenn Sie die Mütze nicht aufsetzen will oder keine Gummistiefel tragen will? Ich versuche sie dann immer zu überreden, aber wenn sie dann doch nicht will, setze ich mich nicht durch. Mein Umfeld sagt, sie dürfe alles und sei schlecht erzogen. Ist sie dafür nicht noch ein paar Monate zu jung? Ich bin verunsichert. In der Kita (noch Eingewöhnung)wird auch sehr viel von ihr verlangt, Sachen aus dem einen Raum dürfen nicht in den anderen Raum, ohne Mütze muss sie auf die Bank, Schubladen müssen zu bleiben, immer warten, bis alle fertig sind, beim Anziehen oder beim Aufstehen nach dem Essen. Ich habe das Gefühl, dass die Kita U3-Kinder wie Ü-3 Kinder behandelt? Was meinen Sie? Danke für Ihre Arbeit!!!
von
Patricia W.
am 15.09.2014, 07:07
Antwort auf:
Erziehung mit 19 Monaten
Hallo, ein Kind mit 19 Monaten steckt noch tief im Widerstandsalter und nimmt jetzt immer mehr die Züge des Trotzes an. Widerstand und Trotz aber braucht das Kind, um sich im Leben zu behaupten und um sein Selbst zu entwickeln. Daher müssen Eltern diese trotzigen Reaktion bis zu einem gewissen Grade zu ertragen bereit sein. Mit Erziehung ist da noch nicht so viel zu machen, denn dem Kind fehlt noch jede Einsichtsfähigkeit und jedes Verständnis für das, zu dem es erzogen werden soll. So enden letztlich frustrane Erziehungsversuche meist in einem unkontrollierten emotionalen Ausbruch. Viel mehr zu erreichen ist mit Überredung, Ablenkung, Verlockung und einfachen Verhinderungen im Vorfeld.
Das Umfeld ist weitgehend infiltriert von althergebrachten Meinungen und von propagandistischen Behauptungen einer Tyrannengefahr. Genau das Gegenteil dessen entwickelt sich aber, wenn das Kind frühzeitig erfährt, dass ihm Respekt gezollt wird und seinem Entwicklungsbedürfnis Rechnung getragen. Diese Selbsterfahrung kann das Kind später an die Eltern zurückgeben.
Eine gut durchgeführte Frühbetreuung sollte ganz anders mit den Kindern umgehen, als mit einem Strauß an Reglementierungen. Leider wissen die oft noch unerfahrenen Erzieherinnen nicht richtig umzugehen mit der Herausforderung mehrerer Kleinkinder in der Einrichtung. Oft brauchen sie auch einfach mehr Personal. Aber vielfach liegt ihrer Arbeit auch eine falsche, längst überholte Erziehungshaltung zugrunde. Wenn sie aber auf den Kita-platz angewiesen sind, werden Sie wohl oder übel solche Verhaltensregeln für Ihr Kind in Kauf nehmen müssen. Viele Grüße und danke für Ihr Lob.
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 15.09.2014