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Geschrieben von Claudia+Thomas am 27.07.2016, 9:51 Uhr

steuern wie man sich fühlt

Danke Ursel für die Anregung, gute/hilfreiche Dinge zu sammeln.

Da möchte ich als erstes einen Link einstellen, von dem ich leider nicht mehr weiß, woher ich ihn habe (evtl. sogar hier aus dem Forum?). In der Artikel geht es darum, warum es nicht nur überflüssig, sondern sogar schädlich ist, viele „schnelle“ Schlagzeilen zu konsumieren. Der Artikel ist sicher an manchen Stellen überzogen, aber der Kern der Aussage hat mich nachhaltig beeindruckt.
http://www.dobelli.com/wp-content/uploads/2011/06/Dobelli_Vergessen_Sie_die_News.pdf

Für eine ganz konkrete Handlungsempfehlung gegen die Angst wollte ich außerdem etwas aufwerfen, was ich vor kurzem (ich glaube es war bei einem Interview zum Thema Medien) gehört habe: Leute, die nach dem Boston Marathon Anschlag eine Woche lang intensiv die Berichterstattung dazu verfolgt haben, waren mehr mit posttraumatischen Belastungssymptomen konfrontiert als die Menschen, die es vor Ort miterlebt haben. Ich glaube, dass das an dieser permanenten Wiederholung des Schlimmen liegt. Ich habe mal gehört, dass bei einer traumatischen Situation das entscheidende für Spätfolgen ist, wie man aus der Situation herauskommt. Also ob man dann aus der Gefahren-/Belastungssituation wieder in ein sicheres, stabiles Umfeld kommt. Die Besucher beim Marathon konnten danach in ihr sicheres Zuhause gehen, die akute Gefahrensituation war überstanden. Fernsehzuschauer haben sich dagegen das Grauen beständig über Tage nach Hause geholt.
Ein bisschen was zu diesem Thema hier:
http://sciencev2.orf.at/stories/1729739/

Bei mir war es am Freitag bei dem Amoklauf in München so, dass ich es um ca. 18 Uhr mitbekommen habe. Ich wohne eine Stunde von München weg, so dass es mich durchaus schockiert hat und ich hatte zuerst auch die Angst, dass es so ein Anschlag wird wie im November in Paris, grauenhaft. So ähnlich, wie es auch die Blogschreiberin schildert. Ich habe die Berichterstattung auf N24 verfolgt, man wußte ja nicht, welche Ausmaße das noch annimmt. Nach ca. 2 Stunden habe ich dann aber abgeschaltet, weil immer nur noch die selben Videos gezeigt wurden und sinnlose Fragen an Reporter gestellt wurde, die sie mit „ich weiß es auch nicht“ beantworteten. Und dann wurde auch noch das Gerücht aufgeworfen, es wäre auch am Stachus geschossen worden! Ich konnte klar wahrnehmen, dass mir diese Art von Berichterstattung, also das Spekulieren und Wiederholen, nicht gut tut. Ich habe mich dann über die Tweets der Polizei auf dem Laufenden gehalten.

So gehe ich auch mit den Ereignissen um, die danach passiert sind. Ich nehme das sehr wohl zur Kenntnis, aber ich schütze mich davor, da voll emotional einzusteigen und die Angst in mir wachsen zu lassen, indem ich emotional aufgeladene Berichterstattung und ständige Wiederholungen vermeide.

Ich verschließe die Augen nicht vor den Dingen, die da passieren. Ich bin der Meinung, da müssen sich jetzt die Politiker zusammen setzen und überlegen, was sie tun müssen, um die Probleme, die ganz offensichtlich ins Land gekommen sind, anzugehen. Denn natürlich passieren jetzt Dinge, die vorher nicht passiert sind, so wie die (islamistisch motivierte) (Selbstmord-)Anschläge und die Übergriffe auf Frauen, die aus einer religiös/kulturell gestützten frauenverachtenden Haltung hervorgehen. Das zu verharmlosen wäre ein Verdrängen der Realität.

Aber inwiefern ich mich davon als jemand, der bisher noch nicht persönlich betroffen ist, in Angst versetzen lasse, das kann ich durchaus mit steuern (vermeiden nicht, denn es gibt ja Anlaß zur Angst). Und genau an dem Punkt hilft mir auch die Statistik, die besagt dass mein persönliches Risiko zu Schaden zu kommen aktuell nur unwesentlich höher geworden ist. Das gleiche Wissen, das mir hilft in Flugzeuge zu steigen.
Es gibt Techniken, die davon galoppierenden Gedanken zurück auf den Boden der Realität zu holen. Stichwort „kognitive Verhaltenstherapie“ nach David Burns. Ist für Depressionen gedacht, geht aber durchaus in die richtige Richtung.

Als Mensch, der sehr stark mit anderen mitfühlt und intensiv mitleidet, schütze ich mich aber auch schlicht und einfach durch Abschottung vor Berichten mit viel Leid. Die betroffenen Menschen haben nichts davon, wenn ich nur noch wie gelähmt bin. Es bleibt trotzdem immer noch genügend Mitgefühl und Interesse an anderen übrig. Aber ich kann nicht die ganze Welt retten und ich will nicht das Leid der Welt tragen.

Und zu guter letzt einfach ein gewisser Schuß Optimismus. Niemand von uns hat eine Glaskugel. Ich kann mir die Hölle ausmalen oder dass ich das schon irgendwie alles überstehen werde. Ich glaube, letzteres ist einfach gesünder, denn „die Energie folgt der Aufmerksamkeit“.

 
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