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Geschrieben von marit am 01.06.2004, 16:11 Uhr

etwas wütender längerer Text

Gerade was die Diskussion um Gehaltsdifferenzen angeht, bin ich sehr gespalten.

Daß manche Sportler sehr viel Geld verdienen ist mir eigentlich schnuppe (solange sie das Geld hier versteuern würden, hier finde ich, sollten Steuern nach Staatsbürgerschaf tund nicht nach Wohnort erhoben werden).Sportler werden ja schließlich nicht vom Staat bezahlt. Auch die Gehälter der Politiker finde ich nicht übertrieben, allenfalls deren Altersversorgung. Wieso es allerdings die Kommune bezahlen muß, ein Polizeiaufgebot und die Reinigung einer Sportveranstaltung zu stellen, geht mir nicht in den Kopf. DAS sollten die Vereine über Eintrittsgelder finanzieren. Auch die Nonchalance, mit der sich deutsche Manager an amerikanischen Gehältern orientiert, von ihren Mitarbeitern aber verlangt, sich Richtung Polen oder Slowenien zu orientieren finde ich ganz schon dreist, ist aber nicht die Schuld der Regierung. vielmehr sollten hier die Gewerkschaften nicht nur INNERHALB eines Landes solidarisch sein, nicht nur gegen die Globalisierung schmimpfen, sondern sich eben auch auf sie einstellen.

Das Verrückteste in unserem System ist doch, daß selbst Subventionsempfänger das Gefühl habe, eigentlich "geber" zu sein, und dann auf anderen herumschimpfen. So kommt z.B. eine sogenannte Hausfrau, die in vollem Umfang von Erziehungsgeld, Ehesplitting, Eigenheimzulage, Rentenversicherungszeiten und Familienkrankenversicherung profitiert recht schnell auf 700- 1000 Euro im Monat. Subjektiv fühlt sie sich aber vielleicht von der Sozialhilfeempfängerin ausgebeutet, die knapp 600 Euro im Monat bekommt - oder sogar vom Aylbewerber, der eine menschenunwürdige Schlafstätte bekommt und dem allenfalls etwas Taschengeld zusteht. Vielleicht sollten wir uns mal fragen, wie es dazu kommt, daß sich in Deutschland fast jeder als ausgebeutet empfindet.

Ich denke das hat viel damit zu tun, daß es den meisten von uns wirtschaftlich schlechter geht, als unseren Eltern damals als wir aufgewachsen sind. In meiner Kinderwelt gehörten Spülmaschine, viel Platz, Garten, 1, zeitweise auch 2 Autos zum alltag -und das, obwohl meine Mutter nicht berufstätig war und wir 3 Kinder waren. Heute kann ich als derzeitige Alleinverdienerin nur mit großer Mühe 3 Personen durchbringen. Ohne Auto und mit kleiner Wohnung: und leider ohne Spülmaschine *g*. Allerdings bin ich dennoch dankbar, daß es mir jetzt viel besser geht, als ich in den 80ern dachte. Damals war ich mir nämlich sicher, daß Deutschland spätestens 2010 entweder wegen des Treibhauseffektes unter Wasser stehen würde, oder sich in Afrika und Lateinamerika große Bevölkerungsgruppen zusammengetan hätten, um berechtigterweise gegen die Ausbeutung der Industrieländer vorzugehen. Ich habe es als Kind als schreiendes Unrecht und als ganz schlimm empfunden, daß meine Freundinnen aus Polen oder Mexico (wir lebten neben einer Landesaufnahmestelle für Aussiedler und Asylbewerber)so wenig zum Leben hatten. Ich habe als engagierte Schülerin in den 80ern Referate gehalten über die Ungerechtigkeit des Weltmarktes, und daß wir reichen Länder langfristig "abgeben" müssen, damit das Leben auch in den anderen Ländern erträglich werden kann war für mich und meine Freunde sonnenklar.

Daß dieselben Freunde jetzt auf einmal schimpfen, weil sie Angst vor billigen Ost-Arbeitskräften haben, oder herumnörgeln, weil sie sich keinen Neuwagen leisten können, finde ich einfach nur traurig. Ich finde es ganz toll, daß sich z.B. in Europa allmählich der Lebensstandard angleicht und z.B. für die Mädchen an der tschechischen Grenze, die dort superbillig an deutsche Sextouristen verschachert werden, kann man nur hoffen, daß es noch schneller geht.

Daß mein Mann keinen Arbeitsplatz findet, das ist schon schlimm für uns. Oder daß eine Familie sich nicht einmal leisten kann, wenn die Eltern beide arbeiten, weil die Kinderbetreuung so teuer ist, daß nachher nicht mal das Existenzminimum bleibt. So etwas ist tragisch- aber daß eine Familie, die es sich leistet ein Haus zu bauen und ein gutes neues Auto zu fahren, die vielleicht sogar noch einmal im Jahr in Urlaub fahren kann... Dass SO eine Familie, die vielleicht zu fünft in einem Krankenversicherungsbeitrag enthalten sind sich dann wegen 10 Euro Praxisgebühr aufregt - da komme ich dann nicht mehr mit.

Also mir geht das Pfenniggefuchse (siehe das-liebe-Geld-Forum)in diesem Land gewaltig auf die Nerven. Wer nicht einmal mehr bereit ist, mehr als 50 cent für nen Liter Milch zu bezahlen, soll dann bitte auch bei Lebensmittelskandalen oder Verlagerung teurer deutscher Arbeitsplätze ins Ausland die Klappe halten.

Man kann doch nicht selbst jeden Cent 3 mal umdrehen und sich dann beschweren, wenn ein Unternehmen dort investiert, wo es am Günstigsten ist.

 
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