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Geschrieben von Hase67 am 28.07.2014, 7:10 Uhr

Butterflocke...

Hallo Butterflocke,

ich antworte dir jetzt noch ein letztes Mal, bevor hier der Tag losgeht - ich werde heute tagsüber keine Zeit mehr haben, da ich das ganze Wochenende wegen eines Chorworkshops nicht arbeiten konnte.

"Es ist sehr radikal und plakativ, wie Du argumentierst.
Ich sehe durchaus nicht (und habe es auch an KEINER Stelle geschrieben), dass Kinder, die den ganzen tun und lassen dürfen, was sie wollen, glücklich(er) deshalb sind.
Ich sehe auch nicht als primäres Ziel das Glück ansich. Ich sehe als Ziel, unsere Auffassung und Definition von Intelligenz zu überdenken, somit durchaus auch so manche Lerninhalte.
Zu wissen, dass der erste Weltkrieg von 14 bis 18 ging, ist ganz fein. Aber befrage mal Abiturienten über die HINTERGRÜNDE des ersten Weltkrieges."

Das ist natürlich einerseits dem bulimischen Lernen geschuldet (Stichwort G8 und viele Stundenausfälle, sodass Inhalte, die nicht zu Hause vertieft werden, in der Versenkung verschwinden), andererseits aber auch dem normalen Vergessen. Ich habe auch viele Sachen von früher vergessen oder verdrängt, merke jetzt aber, wenn ich mit meiner Tochter lerne, dass vieles wiederkommt. "Weg" ist das also nicht ganz. Meine Tochter war übrigens in Geschichte jetzt anlässlich des hundertjährigen Jubiläums des 1. Weltkriegs zu einer Exkursion in Frankreich an einer Gedenkstätte; die Schüler haben bei Regen im Schützengraben gestanden und von dem Führer erzählt bekommen, dass die Soldaten im ersten Weltkrieg teilweise tagelang dort im knietiefen Matsch stehen mussten, weil sie sonst erschossen worden wären. Meine Tochter hat das tief beeindruckt, und als sie einen Ordner über den ersten Weltkrieg anlegen sollten, um das Thema abzuschließen, hat sie sehr viel selbst erstelltes Fotomaterial, Stacheldrahtstückchen und Hintergrundliteratur mit eingebaut. Ich glaube nicht, dass sie das komplett "vergisst", auch wenn momentan natürlich wieder die Nachmittage im Schwimmbad und die Whatsapp-Dialoge wichtiger sind.

Ich schreibe das jetzt nur so ausführlich, um dir an EINEM Beispiel zu zeigen, dass auch staatliche Schule und sogar G8 sich bemüht, Lerninhalte anschaulich zu machen und dass dies auch gelingt. Für andere Schulen kann ich nicht sprechen, da mir da der Einblick fehlt.

"Ziel ist meiner Ansicht nach nicht, den Hunger durch´s Essen zu erzwingen, sondern dafür zu sorgen, dass der durchaus bestehende(!!!) Hunger beim Essen nicht VERGEHT!"

Butterflocke, wer ist hier jetzt hier radikal in seiner Argumentation - du drehst mir das Wort im Mund herum. Ich schrieb "der Appetit" käme beim Essen. Und von "erzwingen" ist auch nicht die Rede, aber um eine gewisse Stoffmenge zu erlernen (an der ich auch prinzipiell nichts auszusetzen habe), sollten sich auch Kinder daran gewöhnen, sich mit Themen auseinanderzusetzen, die auf den ersten Blick nach "och nee" und "ist ja voll öde" aussehen. Beim näheren Hinsehen stellen sie dann nämlich oft fest, dass das doch sehr spannend ist - war z. B. bei meiner Tochter in dem o.g. Geschichtsunterricht so. Die "Null-bock-Haltung" an den Schulen wird m. E. viel weniger durch das System an sich als durch die Haltung der Lehrer und deren (vorhandene oder nicht vorhandene) eigene Begeisterungsfähigkeit vermittelt, die nämlich ansteckend wirkt. Meine Tochter hat Lehrer, die können das super, weil sie für das, was sie da tun, brennen. Sie hat andere, die sich nur mühsam und lustlos in die Schule schleppen und die generell einen Brass haben auf alles, was zwischen 10 und 19 ist, womöglich noch elektronische Gerätschaften im Schulranzen mit sich herumträgt und sie provoziert, weil sie merken, dass der Lehrer auf der anderen Seite des Raumes weder die Lust noch die Kraft hat, sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Versteh mich nicht falsch: Ich habe großen Respekt davor, wenn es jemand in einer 8. oder 9. Klasse schafft, mehr als die Hälfte der Klasse bei der Stange zu halten. Ich könnte das auf die Dauer wohl nicht. Aber es gibt eben auch sehr viele Lehrer, die das nicht können, weil sie sich den Job aus den falschen Gründen ausgesucht haben und jetzt aus anderen Gründen darin festhängen (ich weiß, ich wiederhole mich, ich höre auch schon wieder auf).


"Es geht auch nicht darum, beliebt zu sein (wie, wie Du schreibst, deine Kinder ja sind). Es geht darum zu hinterfragen, WARUM Kinder beliebt sind. Frag mal die Schüler Eurer Klasse, welche Gründe es für die Beliebtheit einzelner Schüler gibt. Ein interessantes Thema, wie ich finde. Und ich bin überzeugt, dass MIR die Antworten nicht durchweg gefallen würden......., weder bezüglich meiner eigenen Kinder noch VON meinen eigenen Kindern."

Hm, "beliebt" sind meine Kinder nicht, weil sie schlau sind - obwohl mein Sohn gleichzeitig recht bescheiden ist und zwar weiß, was er kann, aber nicht lauthals damit hausieren geht. Ich würde sagen, sie sind beliebt (meine Tochter etwas mehr als mein Sohn, einfach, weil sie etwas lebendiger und extrovertierter ist), weil sie so sind, wie sie sind und dazu stehen. Bei meinem Sohn war es eine Zeit lang so, dass er - wieder verunsichert durch eine inkompetente Lehrerin - Zweifel daran hatte, ob er so, wie er ist, mit seinem Rechentalent und seiner Schusseligkeit, denn "richtig" wäre. Bei seinen Klassenkameraden war er damit immer akzeptiert, aber er hatte in der ersten und zweiten Klasse eine Mathe-Kuh, die ihm weismachen wolle, man könne nicht bis in den negativen Zahlenraum subtrahieren, was mein Sohn selbständig entdeckt hatte. So was verunsichert Kinder natürlich, aber das war wieder nicht die "Institution" Schule oder das Bildungssystem an sich, sondern eine einzelne Person, die Probleme mit sich selbst und der Arbeit mit Kindern hatte.

"Ich bin vielleicht ein Spinner....;-)
Aber ich spinne gerne! Ein Glück vielleicht, dass ich meine Spinnereien nicht umsetzen darf...;-) Naja, für Dich zumindest...."

Sei doch nicht immer gleich beleidigt, ich habe dich nicht als "Spinnerin" abgetan. Du bist immer gleich so melodramatisch. Ich finde es auch GUT, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen, aber ich mag mich trotzdem nicht an die Argumentationen eines Films anhängen, der mir zu undifferenziert erscheint, nur weil das ein renommierter und bekannter Filmemacher publiziert hat. Ich erlaube mir nämlich auch mein Recht auf meine eigene Meinung, genau wie du natürlich deine haben darfst. Ich habe mich vorher und auch in diesem Thread ein paar Mal gefragt, warum wir wohl so aneinander vorbei reden. a) Hängt es sicher damit zusammen, dass ich fast 10 Jahre älter bin als du und meine Kinder älter sind - da verschiebt sich die Wahrnehmung und die Perspektive doch noch mal deutlich, und ich bin erheblich entspannter geworden, seit ich sehe, dass aus meinen Kindern offenkundg doch "was geworden ist", auch wenn ich immer sehr viele Zweifel und Selbstzweifel hatte. Und b) hängt es wohl auch damit zusammen, dass meine Ehrfurcht vor "Koryphäen", insbesondere solchen, die in den Massenmedien publizieren, sichtlich geschwunden ist, seit ich ein paar solcher Leute persönlich kenne und weiß, dass sie eben auch nur mit Wasser kochen und eine sehr begrenzte "Datenlage" haben, wie mein Mann das ausdrücken würde. Deshalb entscheide ich inzwischen selbst ganz gern, welcher "Ideologie" ich hinterherlaufen mag und welche für mich nur nach "wieder die gleiche Sau durchs Dorf getrieben wie schon unter Rousseau, nur diesmal im neuen Gewand" aussieht.

"Zu Deinem letzten Absatz: Es macht durchaus Spaß (und vor allem Sinn), das eigene Weltbild mal in Frage zu stellen. Soweit ich mich dazu in der Lage fühle, ohne mich zu sehr erschüttert zu fühlen, tue ich das gerne."

Ich hätte das vielleicht mit einem Smiley kennzeichnen sollen - oder nein, vielleicht auch nicht, denn "ironisch" meine ich es nicht. Butterflocke, du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich kopfgesteuertes Wesen mein Weltbild nicht schon etliche Male von allen Seiten durchleuchtet und hinterfragt habe. Ich bin froh, sagen zu können, dass ich jetzt in meinem hohen Alter ;-) doch etwas gefestigter bin und nicht mehr wie ein Fähnchen im Wind flattere. Möglicherweise übersehe ich, dass das schon der erste Anflug von Altersstarrsinn ist - mir erscheint es aber momentan eher als die Lebenserfahrung und das Selbstvertrauen, die mir eine gewisse Gelassenheit geben und mich nicht alles immer so tragisch sehen lassen.

Gerne nachher mehr, aber wenn ich jetzt nicht gehe, kriege ich eins auf´s Hirn (viell. funktiniert´s dann wieder besser;-)).....

Dein Hirn funktioniert ausgezeichnet, du machst dir selbst nur manchmal viel zu viel Stress, auch wegen deiner Kinder:-) Glaub mir, Butterflocke, die werden super gelingen - auch und gerade, weil du dir so viele Gedanken machst. Vergiss nie, unsere Kinder sind - trotz aller Schwächen im deutschen Bildungssystem und unserer griesgrämigen deutschen Art - unglaublich privilegiert, vor allem im globalen Vergleich betrachtet. Schon deshalb mag ich meine Kinder, die unter voll beladenen Schulrucksäcken und 1 Seite Strafarbeit für zu viel Schwätzen im Unterricht stöhnen, nicht mit Kindern vergleichen, die ihre 12-16 Stunden außer Haus arbeitenden Eltern den ganzen Tag über nie zu Gesicht bekommen und schulisch auf Höchstleistung und duckmäuserische Angepasstheit gedrillt werden (ist in einigen der asiatischen Schwellenländer so) oder aber mit Kindern, die leider gar keine Schule besuchen dürfen, weil das Geld der Eltern nur für den Schulbesuch des ältesten Bruders gereicht hat.

LG

Nicole

 
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