Elternforum 1. Schuljahr

Schreiben, gerne an Grundschullehrer

Schreiben, gerne an Grundschullehrer

Berlinberlin

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Hallo. Ich mache mir Gedanken bzgl des Schreibens bei meiner Tochter. Hausaufgaben sind häufig Wörter wie Kilo, Esel, Kamm....lesen und schreiben. Das funktioniert ohne Probleme. Aber....sie schreibt ganz gerne Wörter und Sätze aus dem Kopf. Die Sehen dann aber so aus: Beispiel Schmetterling, bei ihr steht dann SMTLG???? Oder "Montag gehe ich zum Flöten" dann steht bei ihr: MOGIZUFLT! Wir hatten schon Elternsprechtag, alles in Ordnung. Mir ist das auch erst vor ein paar Tagen aufgefallen. Sie macht das schon lange so, dachte mir bisher nie was dabei. Aber langsam werde ich nervös ob das "normal" ist. Sie lernt mit der Anlauttabelle und kennt bisher Aa, Ee, Ii, Kk, Ll, Mm, Oo, Ss, Uu. Bitte um Rat. LG


Bonnie

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Antwort auf Beitrag von Berlinberlin

Hallo, an Grundschulen wird ja nach verschiedenen Methoden das Schreiben gelehrt. Die Hauptrichtungen sind dabei das "Lesen durch Schreiben", bei dem Kinder nur mit der Anlauttabelle und nach Gehör schreiben lernen. Die zweite Methode ist die Fibel-Methode, bei der Kinder einzelne Buchstaben und parallel dazu vorgegebene, ganze Wörter abschreiben. Heute wird meist eine Kombination aus beiden Methoden gelehrt: Die Kinder üben einzelne Buchstaben und schreiben erste einfache Wörter ab. Zugleich erschließen sie sich auch erste Wörter allein, nämlich mit Hilfe der Anlauttabelle. Dabei schreiben sie nach Gehör, also nicht orthographisch korrekt. Dieses Schreiben nach Gehör ist sogar erwünscht. Und es sieht genau so aus, wie die Beispielwörter Deiner Tochter, die Du in Deinem Posting erwähnt hast. Kinder, die mit der Anlauttabelle ein Wort erschließen, schreiben zum Beispiel "Mosejom" (Museum) oder Fgl (Vogel). Typisch ist dabei, dass sie anfangs die Vokale (a, e, i, o, u) weglassen. Nach einiger Zeit kommen dann verstärkt die Vokale hinzu, das Ganze wird lesbarer. Die Methode, mit der Anlauttablelle schreiben zu lernen, ist bei Wissenschaftlern sehr umstritten. Kinder müssen quasi zweimal schreiben lernen, einmal nach Gehör (also oft orthographisch falsch), und einmal mit der korrekten Rechtschreibung. Doch diese Nachteile haben sie laut einer Studie bis Ende des 4. Schuljahres wieder aufgeholt. Zu diesem Zeitpunkt können Kinder, die nach Anlauttabelle schreiben gelernt haben, wieder genauso gut schreiben wie Kinder, die nur nach der Fibelmethode (die bewährter ist) schreiben gelernt haben. Langer Rede kurzer Sinn: Deine Tochter lernt offenbar nach der kombinierten Methode schreiben, also mit vorgegebenen Wörtern, aber auch mit der Anlauttabelle. Ihre Wortkonstruktionen sind dafür absolut normal und üblich. So sehen auch die ersten Wörter meines Sohnes aus, der auch gerade im 1. Schuljahr ist. Da Deine Kleine momentan noch viele Vokale auslässt, könntest Du mit ihr ein wenig üben, z. B. sie täglich drei Wörter schreiben lassen und sie dabei in bissel zum Hören der Vokale anleiten. LG


faraday

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Antwort auf Beitrag von Bonnie

Mein Sohn schreibt auch nach der Anlauttabelle und viele Worte sehen genauso aus, wie Du es beschreibst. Unsere Lehrerin meint, das wäre völlig normal und möchte sogar auf keinen Fall, daß wir das Geschriebene der Kinder verbessern. Ich glaube auch nicht, daß man das korrekte Schreiben dadurch lernt, daß man quasi Wort für Wort auswendig lernt. Meiner Meinung nach kann man später am besten schreiben, wenn man viel liest.


Snaffers

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Antwort auf Beitrag von Berlinberlin

Bonnie hat es super erklärt. Ich kann dir mal beschreiben wie as ganze bei nem Kind aussieht, dass den Schriftspacherwerb VOR der Schule selbstständig erledigt hat. Die ersten Schreibversuche meines Großen waren mit etwa 3;4 Jahren AI (Ei) und HNE (Henne) - damals am PC. Danach lange Pause. Massiv wurde es dann mit knapp 5 (ist jetzt 2 Jahre her) wieder (dann von Hand). Da schrieb er AINHON AMASÄ IKÄL (Einhorn, Ameise, Igel). Dann hab ich hier nen Brief von letztem Sommer liegen (also 5;7 Jahre) LIBE OMA KANST DU MICH BESUCHN KOMEN? AUF DER RITBOK WAR ESSCHÖN (Liebe Oma, kannst du mich besuchen kommen? Auf der Ritterburg war es schön). Letztes Jahr schrieb er den Omas AM 5 HAMWICH 8 SCHUERAUS GSCHDELT HABEN OND AM6WAREN 10 UND DI SWEI SCHUE ESWAREN BEBISCHUE. (Am 5. haben wir 8 schuhe rausgestellt und am 6. waren 10 da und die zwei Schuhe waren Babyschuhe). Das war alles noch vor der Schule. Jetzt ist er seit September in der Schule. Sie lernen mit einer Silbenfibel, offiziell bestehen ihre Wörter bisher aus Silben die sich aus den Vokalen und M,L,R und T zusammensetzen lassen - mehr wird NICHT gemacht. Die letzten frei geschriebenen Sachen die ich hier von ihm habe lauten folgender Maßen: Papa und Mama kommt bitte rein. Sofia warte hir auf mich. Ich will mit dir zur Schule gehen. Dein ...(Das durfte, dank fehlendem Regen, die Nachbarschaft gut 2 Wochen auf dem Gehweg lesen *lach*). Du siehst: Ganz normale Entwicklung bei deiner Tochter - lediglich durchs gezielte Lernen natürlich deutlich schneller als bei nem Selbstlerner. Durch die kombinierte Methode wird es auch schneller mit vollständigen Wörtern und ersten rechtschriftlichen Erkenntnissen gehen. Also gelassen darüber freuen, dass sie Spaß daran hat zu schreiben. Der Rest kommt von allein. Was ihr üben könnt ist Laute herauszuhören bzw. Wörter mit bestimmten Lauten zu suchen (speziell eben mit Vokalen)


Berlinberlin

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Antwort auf Beitrag von Snaffers

Daaaanke euch allen:-)))) Bin jetzt wesentlich beruhigter!!!


Klosterfee

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Wo ist mein Beitrag?????????????? Na gut, dann eben nochmal. Hallo Berlinberlin und Gruß aus Brandenburg *grins*! Dein Kind ist völlig normal entwickelt. Mach dir noch keine Gedanken. Der Schriftspracherwerb verläuft in Stufen, die jedes Kind in einer bestimmten Reihenfolge durchläuft. Deine Tochter befindet sich gerade auf der Stufe der konsonantischen Skelettschreibung (Google mal danach.). Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass das Kind nur die Mitlaute verschriftet, weil es sie leichter wahrzunehmen sind, als die Selbstlaute. Diese Phase sollte bis zum Ende des ersten Halbjahres der ersten Klasse abgeschlossen sein. Mehr und mehr ist das Kind nun in der Lage, auch die Vokale wahrzunehmen und kann zum Ende des ersten Schuljahres ein Wort vollständig in seine Lautfolge zergliedern. Zur Methode "Lesen durch Schreiben" sage ich jetzt mal nichts. Nur, dass ich keine Freundin davon bin. LG Klosterfee


Franz Josef Neffe

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Antwort auf Beitrag von Berlinberlin

Deine Tochter spiegelt den Lehrplanvollzugsbeamten genial wie intelligent ihre Pädagogik ist. Ich würde als Ich-kann-Schule-Lehrer heute sagen, dass die Pädagogik meist buchstäblich zum Davonlaufen ist. Das wird nur immer wieder von Kollegen durch menschliche Qualitäten aufgefangen und abgemildert. GEIST ist auch in Kindern schon GEISTREICH und möchte das auch dann zeigen können, wenn die Pädagogik noch nicht so weit ist und es nicht versteht. Als Ich-kann-Schule-Lehrer würde ich Deine Tochter bewundern, dass sie ein eigenes Schreibsystem entwickelt hat, mit dem sie ihre tollen Geschichten aufschreiben kann. Ich würde bei ihr in die Schule gehen wollen und sie bitten, es mich zu lehren. Dadurch würden wir Kollegen. Das ergibt ein sehr starkes Persönlichkeitswachstum infolgedessen man dann den Aufgaben des Lebens GEWACHSEN ist. Also ich lerne bei Deiner Tochter ihre Schrift und sie darauf bei mir meine. Auch unsere Normschrift ist kein göttliches Gebot sondern bloß menschliche Vereiunbarung. Du kannst mit Übungen ein besonders FEIN begabtes Schreibtalent kaputtquälen oder du stärkst es erst einmal regelmäßig und sorgst für Wachstum: dann kann und mag es. Ich freue mich auf Euren Erfolg. Franz Josef Neffe